Flug London-Washington mit Ueberschallflugzeug Concorde
Ich habe das Privileg und grosse Vergnügen, im Februar 1980 auf Einladung der British Airways für ausgesuchte Reiseberater aus der Schweiz mit dem Überschallflugzeug Concorde von London nach Washington in den USA zu fliegen.
Die im voraus erhaltenen Reisedokumente sind exklusiv, dann ein separater Check-in Schalter in London und Aufenthalt in der Concorde Lounge vor dem Abflug. Alle Getränke, Speisen und auch Telefonate weltweit sind gratis.
Die Bestuhlung an Bord – je eine Zweierreihe links und rechts vom Gang – ist ähnlich wie in einer Business-Klasse. Der Flug ist mit 100 Passagieren ausgebucht. Die Fenster sind klein und rund, weil wir in grossen Höhen fliegen.
Ich sitze neben dem befreundeten Verkaufsdirektor von British Airways Zürich, der Chief Steward kommt zu ihm und erwähnt, dass jemand von der Gruppe zum Start ins Cockpit gehen darf. Er schaut mich an und meint, das wäre doch etwas für mich. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und schon sitze ich im Cockpit hinter dem Captain. Ich erhalte einen Kopfhörer übergestülpt, sodass ich nicht nur die Funksprüche hören, sondern auch mit der Crew sprechen kann.
Der Anblick des relativ engen Cockpits ist überwältigend. Eine unglaubliche Anzahl Instrumentenanzeigen nicht nur vorne, sondern auch seitlich und an der Decke, einfach unvorstellbar. Ich erhalte die Erklärungen über verschiedene Anzeigen direkt vom Captain, auch was den Zeitpunkt betrifft, ab wann und ab wo wir Überschall fliegen werden. Alles ist sehr eindrücklich und phänomenal.
Im Februar ist es früh Nacht und wir verlassen das Dock und begeben uns zur Piste – ich fühle mich wie ein Testpilot in einem Kampfflugzeug in diesem schlanken Flieger, der die Nasenspitze bis zum Start noch nach unten geneigt hat. Mein Blick richtet sich durchs Fenster auf die deltaförmigen Tragflächen und abwechselnd wieder zurück auf die Anzeigen. Einfach unglaublich, dass ich dies erleben darf.
Dann kommt der Moment des Starts: ich bin vor lauter Nervosität und Freude unruhig auf dem Sitz, mein Blick schweift hin und her und mein Puls steigt – mit rasantem Schub gehts los und schon steigt auch die Concorde, wir sind „airborne“.
Ich verzichte auf den Champagner-Apero in der Kabine und darf noch im Cockpit bleiben. Als wir uns Irland nähern, verlasse ich ungern das Cockpit, da mich die Hostess zu einem feinen 6-Gang Dinner bittet.
Nach dem Verlassen des Festlandes über Irland wird der Ueberschall gezündet, ohne dass wir jedoch nur eine kleinste Erschütterung spüren, und wir steigen in grosse Höhen auf rund 15’000 – 18’000 m.ü.M., wo der Himmel für uns fast schwarz erscheint. Vorn in der Passagierkabine können wir jederzeit anhand einer Digitalanzeige die Geschwindigkeit während des Fluges, zwischen Mach 2,0 und maximal 2,5, verfolgen.
Plötzlich stelle ich fest, dass voraus der Himmel immer heller wird bis plötzlich – für uns einmalig – im Westen die Sonne aufgeht. Wir haben durch die Überschallgeschwindigkeit die Sonne wieder eingeholt! Ein phänomenales Gefühl.
Wir können auch aus dieser grossen Höhe die Erdkrümmung leicht erkennen – und schon habe ich meinen nächsten Traum: Einmal ins Weltall zu fliegen und die Erde von oben sehen – oder mindestens einen Flug in der Schwerelosigkeit.
Nun, dafür bin ich wahrscheinlich – und leider – zu früh geboren, sodass der Traum ein Traum bleiben wird. Schade.
(Nie hätte ich es damals für möglich gehalten, dass ich 39 Jahre später zwei Flüge in der Schwerelosigkeit in Moskau erlebe!)
Das „Fasten seat belt“ für den Anflug auf Washington reisst mich aus meinen Träumen und nach sagenhaften nur 3h50min für die 5990 km landen wir wohlbehalten in Washington bei schönstem Sonnenschein.
Nach einem Kurz-Aufenthalt in der amerikanischen Hauptstadt und New York fliegen wir mit einem Jumbo-Jet zurück nach London und benötigen dafür 6h04min, d.h. mit der Concorde haben wir eine Zeitersparnis von 2h15min. erreicht.
Ein unbeschreibliches Erlebnis, das tief in meinem Gedächtnis verwurzelt bleibt.