Im Soyuz-Raumkapsel Simulator
Yuri Gagarin Cosmonaut Training Center, Star City, Moskau 2018
Da ich für die medizinische Untersuchung für den späteren ZeroG-Flug am 20. Dezember bereits im Training Center bin, erhalte ich die Möglichkeit, im Soyuz Raumkapsel-Simulator, der von den Kosmonauten für ihr Training benutzt wird, originalgetreu zur ISS zu fliegen. Eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lasse.
Eingekleidet in den Kosmonauten-Overall, versehen mit Stickers für meinen Namen, Roscosmos (die russische Nasa) und dem Yuri Gagarin Cosmonaut Training Center, stehe ich nun also auf den Stufen, die zum Simulator gelangen. Der Puls steigt, entsprechend aufgeregt und mit einem Kribbeln im Bauch bin ich gespannt, was in den nächsten 90 Minuten auf mich zukommt.
Durch die enge Oeffnung zur Kapsel zwänge ich mich ins Cockpit und nehme Platz im „Commander seat“ in fast liegender Position. Zu meiner Linken ist Alexander, der Instruktor, und zu meiner Rechten Stan, der die Instruktionen von russisch auf englisch übersetzt.
Überwältigt vom Anblick der unzähligen und eindrücklichen Instrumente und Bildschirme muss ich für einen kurzen Moment meine Augen schliessen, um meine Gedanken zu ordnen und zu realisieren, wo ich mich überhaupt befinde. Ein unglaublicher Moment.
Unser „Flug“ beginnt 11 km von der ISS entfernt. Alexander erklärt ausführlich, wie die Abläufe funktionieren, welche Knöpfe gedrückt werden müssen. Auch erhalte ich die Gelegenheit, mit seinen Weisungen die „Raumkapsel“ auf Kurs zu halten.
Zwischendurch gibt’s einen kurzen Alarm (vom Kontrollzentrum im Training Center ausgelöst) wegen Druckabfall des Sauerstoffs und mit wenigen Knöpfen und Tasten, die ich drücken muss, ist das „Problem“ behoben. In dieser Zeit bewegen wir uns kontinuierlich Richtung ISS, Distanz zur ISS und Geschwindigkeit kann laufend abgelesen werden.
Auf dem Haupt-Bildschirm kommt die ISS in Sicht und wir werden nun für einen Moment auf manuelle Steuerung schalten, informiert mich Alexander. Wir befinden uns rund 400 m von der ISS entfernt und sie beginnt, sich nach rechts aus dem Bildschirm zu entfernen. Alexander erklärt mir, links den blaugrünen Griff zu drehen und nach links zu ziehen, immer die ISS vor Augen, aber irgendwie habe ich bei dieser sensiblen Steuerung zu brüsk nach links gezogen, denn wir entfernen uns plötzlich wieder und erst bei einer Distanz von 800 m wird mit Hilfe der „Mission Control“ mit Umschaltung auf computergesteuert mein Fehler korrigiert und Kurs auf die ISS genommen. Ich bin froh, ist mir dies nicht als Ernstfall im Weltall passiert.
Inzwischen haben wir uns bereits auf rund 120 m genähert und haben eine Geschwindigkeit von 0.72m/s.
Dann kommt der grosse Moment, wir befinden uns nur noch Zentimeter entfernt, Geschwindigkeit nur 0.03m/s, bis wir die Bestätigung erhalten „Docking confirmed“.
Es ist geschafft, zentimetergenau, ich habe an der ISS angedockt – kann aber leider nicht aussteigen und 6 Monate oben bleiben!
Ich habe nicht realisiert, wie schnell die Zeit vergeht. Meine Augen richteten sich nur auf die Anzeigen und war fasziniert von der Vorstellung, was die Kosmonauten, während Stunden eingepfercht in eine enge Kapsel und mit unzähligen Instrumenten, alles beherrschen müssen, um erfolgreich zur ISS zu gelangen und dort anzudocken.
Dazu kommt noch der Mut, den es braucht, aber die Kosmonauten werden jahrelang geschult und mit extrem harten Trainings auf die Aufgaben vorbereitet.
Für uns „normale“ Menschen fast unvorstellbar. Da bleibt nur noch die grösste Bewunderung.